Trost finden
Der Tod als Wunde
Leiden ist ein Schmerz, eine Wunde, die den ganzen Menschen erfasst. Und das Erleben von Tod und Sterben ist wie ein Schnitt in unser Fleisch. Je näher die verstorbene Person uns stand, je größer die Bedeutung dieses Menschen für unser Leben, desto tiefer werden wir verletzt. Wir verlieren jemanden, den wir geliebt haben und dessen Liebe uns Lebenskraft schenkte.
Trauern
Wer trauert, durchlebt die Verwundung des Sterbens. Die Leere, die ein Mensch hinterlässt, füllt ihn aus. So unterschiedlich die Menschen sind, so sehr unterscheidet sich auch das Erleben der Verwundung. Trauern ist Leben in Seelentiefe.
Die Wunde ist eine Wirklichkeit
Die Wunde, die das Sterben uns zufügt: sie ist eine Wirklichkeit, die fortan zu Ihnen gehört. Sie lässt sich nicht schönreden. Kein Trost kann die Wunde wegradieren. Ein Mensch fehlt uns. Er ist nicht mehr da. Ihren gemeinsamen Weg hier auf der Erde können Sie um keinen einzigen Schritt verlängern. Nur Erinnerungen bleiben.
Bei aller Untröstlichkeit brauchen wir dennoch Trost
Wenn nichts den Tod verändern kann, warum sollten wir dann Trost suchen?
Ein Mann, der seinen 27-jährigen Sohn verlor, schrieb über den Trost: „Trost und Untröstlichkeit bestehen nebeneinander. Ich erkläre mir das sinnbildhaft am Beispiel einer chronischen Erkrankung: Die Krankheitsursache lässt sich nicht beseitigen. Für diese Unheilbarkeit steht die Untröstlichkeit. Aber der Schmerz als Krankheitssymptom kann etwa durch Medikamente eingedämmt, tragbar gemacht werden. Für die wirksamen Schmerzmittel stehen meine Trostquellen. Weitaus grausamer als Untröstlichkeit ist die Trostlosigkeit, wenn Trauernde sich gegenüber jeglichen Trostquellen verschließen.“1
Trostquellen führen heraus aus der Untröstlichkeit.
Trauernde berichten, wie sie diesen Quellen begegneten.
Trostquelle: Gott
Wieder sei der Vater zitiert, der über das Sterben und den Tod seines Sohnes berichtet:
„An einem der schlimmen Tage zwischen Diagnose und OP sagte (…) meine Frau unvermittelt: ‚Ich bete ja nicht darum, dass er wieder gesund wird, sondern >Dein Wille geschehe< und gib uns die Kraft, damit weiterleben zu können.‘ Das erste Mal in meinem Leben nahm ich Gebetserhörung wahr: In der Bewältigung dieses Schicksals wuchsen uns übernatürliche Kräfte zu, über die ich noch heute staune.“1
Und weiter schreibt er:
„Die durch (Gottes) ‚sich so Zeigen‘ enorm gestärkte Glaubenszuversicht machte mir viel präsenter als zuvor: Ja, wir haben eine unsterbliche Seele. Und ja, (mein Sohn) hat nun schon am ewigen Leben teil. Das ist für mich der denkbar größte Trost.“
Trostquelle: der Sterbende
Zitiert sei wieder der trauernde Vater: „Meine erste Trostquelle nach Gott war (mein Sohn) selbst. Genauer die Stärke, mit der er sein Schicksal trug. (…) Es steht für uns außer Frage, dass aus unserem Sohn (…) eine Stärke und Reife sprach, die uns ein Vermächtnis ist, aus der wir Kraft schöpfen dürfen.“
Trostquelle: Dankbarkeit
„Wenn verwaiste Eltern anklagend fragen, womit sie ihr schlimmes Schicksal bloß verdient hätten, gehört eigentlich auch die Frage dazu: Womit habe ich es verdient, dass ich dieses Kind haben durfte! Eine in diesem Sinn erweiterte Perspektive scheint mir wesentlich für einen heilsamen Trauerweg zu sein.“
Trostquelle: Mitleiden
Dem Leiden einen Ausdruck geben, die Seelentiefe der Trauer wirklich auch durchleben: Das sind Ziele, die man zusammen mit anderen Trauernden, mit guten Freunden oder in der Familie in den Blick nehmen kann. Anderen Trauernden nahe zu sein, die Nähe liebender Menschen zu spüren, das alles sind Wege, die Hoffnung eröffnen.
Drei Vorschläge für Sie:
1
Suchen Sie sich ähnlich betroffene Menschen, damit Sie erfahren, dass Sie nicht allein sind.
2
Suchen Sie sich einen Seelsorger, mit dem Sie über die christliche Hoffnung sprechen und für Ihren Verstorbenen beten können.
3
Rechnen Sie damit, dass Menschen in Ihrer Umgebung aus Unsicherheit hilflos-unbeholfen oder routiniert-vordergründig auf Ihre Trauer reagieren.
Trauerlieder
Trostblumen wachsen nur langsam
Ref: Trostblumen wachsen nur langsam. Trostblumen wachsen erst spät.
Nach Ostern blüh'n erst Christrosen, Vergissmeinnicht im Spätherbst.
1
Bis all deine Tränen geweint,
bis all deine Wunden geheilt,
bis dein stummer Schmerz laut schreit
und deine laute Klage schweigt,
das braucht viel Zeit, das braucht viel Zeit,
das braucht viel Zeit, das braucht viel Zeit.
2
Bis du wieder zu leben verstehst,
bis du wieder vertrauensvoll gehst,
bis du wieder ein Lachen wagst
und du jemand was Liebes sagst,
das braucht Geduld, Geduld, Geduld,
das braucht Geduld, Geduld, Geduld.
3
Bis du aufhörst, dich nur zu quälen,
dir die Augen rot zu heulen,
bis du nicht mehr Schuldige suchst
und auf Gott nicht mehr laut fluchst,
das braucht viel Zeit, das braucht viel Zeit,
das braucht viel Zeit, das braucht viel Zeit.
4
Bis deine Trauer dich nicht mehr lähmt
und du dich dafür nicht mehr schämst,
bis du einen Platz für sie hast,
einen Ort, der für deinen Schmerz passt,
das braucht Geduld, Geduld, Geduld,
das braucht Geduld, Geduld, Geduld.
5
Bis du den Auferstand’nen siehst
und den Osterglauben verstehst,
bis du dich aufmachst, Gott zu trauen,
voll Hoffnung zum Himmel zu schauen,
das braucht viel Zeit, das braucht viel Zeit,
das braucht viel Zeit, das braucht viel Zeit.
6
Bis du anfängst, Lieder zu singen,
und mit Kindern fröhlich zu springen,
bis du wieder zu tanzen verstehst,
zu einem Faschingsumzug gehst,
das braucht Geduld, Geduld, Geduld,
das braucht Geduld, Geduld, Geduld.
Text und Melodie: Pfarrer Franz Reitinger 2006
Zwei weitere Lieder aus dem Gotteslob für Requiem, und Trauerwortgottesdienst als Lieder vor dem Segen:
„Meine Zeit steht in deinen Händen“, 840
„Möge die Straße uns zusammenführen“, 859